Berg Ararat
Berg Ararat

Berg Ararat

Ararat – Trekkingtour auf den Berg Noahs

Der Ararat ist ein biblischer Mythos. Heute liegt der höchste Berg der Türkei in einer militärischen Sperrzone. Doch mit einem Sondervisum kann man eine Wanderung auf den 5165 Meter hohen Berg unternehmen. Und eine „Arche Noah“ steht auch wieder da.

Veröffentlicht am 31.05.2007| Lesedauer: 5 Minuten

Von Christian Schreiber

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Quelle: Infografik WELT ONLINE / AP

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Quelle: picture-alliance / WOSTOK PRESS/

Ararat (Tuerkei) v. Sueden bei Dogubayazit

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Quelle: akg

Monreale, Domtuere, Arche Noah

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Quelle: picture-alliance / akg-images /

Ararat (Tuerkei) / Holzstich um 1870

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Quelle: picture-alliance / akg-images

Asiaten - Türken

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Quelle: dpa

Ararat (Tuerkei), von Igdir aus gesehen - Ararat (Turkey), seen from Igsir -

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Quelle: akg

EU-Erweiterung Türkei

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Quelle: dpa

Armenien - Hor Virap Kathedrale

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Quelle: B1629_Novosti

Greenpeace baut Arche Noah auf dem Berg Ararat

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Quelle: Greenpeace/Manuel_Citak

Pigeons rest on the modern-day version of the legendary Noah's Ark at Mount Ararat in eastern Turkey

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Quelle: REUTERS

Schafe huetende Nomadenfrau vor Ararat

Der Ararat kennt viele Geschichten und Legenden. Er ist ein Berg der Bibel. Nach der Sintflut soll die Arche Noah hier gestrandet sein. „Schmerzensberg“ nennen ihn die Türken. „Mutter der Erde“ heißt er bei den Armeniern, „der feurige Berg“ bei den Kurden.

Der höchste Berg der Türkei mit 5165 Metern steht an der Grenze zum Iran und zu Armenien. Noch immer ist die Region ein militärisches Sperrgebiet. Seit 2005 ist der Ararat aber, mit Sondervisum, für den Tourismus freigegeben.

Es ist ein einmaliges Gefühl, am Fuße des Ararats zu stehen. Der Berg wirkt erhaben und respektvoll. Zeit zum Innehalten. Doch den Rest der Gruppe interessiert der Fünftausender im Moment überhaupt nicht. Es herrscht Hektik rund um den kleinen Bus, der die Gäste hergekarrt hat. Ans östliche Ende der Türkei in Anatolien, ans Ende einer Holperstraße, an den Anfang der Klettertour. Blauer Himmel über dem höchsten Gipfel des Landes. Doch jeder schaut lieber, dass sein Gepäck aus dem Bus auf dem Pferderücken landet, und die Tiertreiber verhandeln lauthals, welcher Gaul die schwersten Taschen nach oben schleppen muss.

Das Klappern der Wanderstöcke

Aber dann wird es doch ruhig. Nur noch das Klappern der Wanderstöcke ist zu hören. Selbst Klaus ist still, der Hobby-Botaniker, der bei einer Probetour im Kaçkar-Gebirge noch jede Blume mit ihrem lateinischen Namen begrüßt hat. Hier könnte er nur nach Disteln rufen und wildem Thymian, der sich mit dem Pferdemist zu einem merkwürdigen Geruch vermischt hat.

Bäume gibt es keine, und das hat nichts mit der Höhe zu tun – immerhin sind wir längst über die 2000-Meter-Grenze hinweg. Der Ararat ist ein erloschener Vulkan, und auf seinem Boden wurzelt nichts halbwegs Anspruchsvolles. Zum letzten Mal hat der Berg vor mehr als 160 Jahren aus dem Erdinneren große, schwarze Steinquader geschleudert, die sich jetzt mit Sand und den Disteln um die Vorherrschaft in der Landschaft streiten. Schon Friedrich Parrot, der deutsche Erstbesteiger im Jahre 1829, muss sich vorgekommen sein wie in Davids Welt, in die Goliath dicke Steinbrocken geworfen hat.

Die heutige erste Etappe ist alles andere als beschwerlich. Außerdem geht der türkische Bergführer Mustafa aufreizend langsam. So kann sich der Körper am besten an die Höhe gewöhnen.

Auf halber Höhe, bei 2500 Metern, lässt die Umweltorganisation Greenpeace gerade eine „Arche Noah“ aus Holz zimmern, um an den Klimaschutz (und mögliche Sintfluten als Folge) zu erinnern. Ende Mai wird sie offiziell als Berghütte für Touristen eröffnet.

Nachtruhe ab 20 Uhr

Die Gruppe erreicht das „Green Camp“, schon ein gutes Stück höher als die Zugspitze, mit 2962 Metern Deutschlands höchster Berg. Abends wird es schnell kalt, deshalb gibt es „çay“, starken Schwarztee. Die Finger klammern sich am heißen Gläschen fest. Schnell hat die Dunkelheit die kleinen, roten Zelte geschluckt. Die meisten Ararat-Bergsteiger verordnen sich ab 20 Uhr Nachtruhe, die nicht unbedingt mit Schlaf gleichzusetzen ist. Wenn sich das Zelt Richtung Tal neigt und die Thermomatte ihrer Isolationfunktion bei zweistelligen Minusgraden nicht gerecht wird, bleibt Zeit zum Grübeln.

Der Berg liefert so viele Geschichten, dass man wach bleiben und sinnieren könnte. Liegen hier tatsächlich die Überreste der biblischen Arche Noah? Bisher hat noch niemand Beweise finden können.

Einige Dorfbewohner aus dem Tal sind bereits heute Morgen mit Packpferden aufgestiegen, um das Gepäck auf 4100 Meter ins Hochlager zu bringen, das gleich unterhalb eines kleinen Schneefeldes klebt. Der Weg dorthin ist mühsam, die Trekkinggäste folgen zunächst dem mäßig-steilen Pfad der Transporttiere („Immer den Pferdeäpfeln nach“), bevor wir die endlos-staubigen Serpentinen erreichen. Bergführer Mustafa kommt nicht einmal ins Schwitzen, während einige Gruppenmitglieder teilweise heftig schnaufen müssen. Auf die rüstige Rentnerin Inge trifft das nicht zu. Sie ist 76 und läuft immer direkt hinter dem 28-jährigen Guide, gesegnet mit Gesundheit und Ausdauer. Auch der Sauerstoffmangel in der 4000-Meter-Region, die mittlerweile überschritten sind, macht ihr nichts aus. Sie sagt: „Mir geht es in den Bergen immer gut.“ So war es auf dem Kilimandscharo und auf Dutzenden anderen hochalpinen Gipfeln, die Inge gesammelt hat.

„Es gibt Menschen, die vertragen die Höhe einfach nicht“, hat der deutsche Bergführer Leo schon zu Beginn der Tour erklärt. Er kenne einen Marathonläufer und einen übergewichtigen Busfahrer als Gäste. Einer von beiden schafft mit Mühe und Not einen Viertausender, der andere legt ab 5000 Meter erst richtig los. Man ahnt es bereits: Der Höhentauglichere ist der dicke Busfahrer. Er hätte hier im Hochlager weniger Probleme. Der Körper gibt zu verstehen, dass er sich nicht wohl fühlt und bringt dies mit Kopfschmerzen, Übelkeit und Magen-Darm-Beschwerden zum Ausdruck.

Auf dem Gletscher wird das Tempo langsamer

Wirklich böse ist niemand, dass bereits um drei Uhr nachts der Weckruf ertönt. Wer überhaupt geschlafen hat, der kann nicht von einem bedeutenden Erholungseffekt berichten. Und dann steigt der Tross los. Illuminiert von den Stirnlampen, die gespenstische Lichtfetzen in die Nacht werfen, und von den Sternen am Firmament, die so zahlreich sind wie die Gesteinsbrocken und Schutt, mit denen die Gruppe jetzt zu kämpfen hat.

Ganz plötzlich taucht die erste Belohnung auf, die auch eine Antwort auf die Frage nach dem „Warum Ararat?“ liefert. Vor uns liegt der Gipfelgletscher, ein weißer Traum im Hochsommer, der millionenfach funkelt. Eigentlich will man seine Oberfläche mit den angelegten Steigeisen gar nicht verletzen. Dann aber bohren sich Hunderte Zacken ins Eis. Das Tempo wird immer langsamer, obwohl der Gletscher viel flacher ist als die steilen Steinflanken.

Noch ein letzter Anstieg, dann ist der Gipfel erreicht. Gleich das erste Gruppenfoto. Und noch eins. Bilder mit zwei Bergsteigern, mit dreien, mit einem. Bilder mit Wolken im Hintergrund und mit Armenien oder dem Iran. Die Kameras wandern von einer Hand zur nächsten. Wenigstens ein paar Minuten bleiben, um diesen Ausblick zu genießen, den die Wolkenfetzen immer wieder verschleiern.

Einige der Bergsteiger denken über den Mythos Ararat nach, kehren für einen Moment in sich. Andere schreien, rufen, hüpfen, singen, tanzen. Der Ararat schweigt.

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