Urlaub mal anders
Von Michael Gneuss und Katharina Lehmann · 2020
In Corona-Zeiten ist alles anders – auch der Urlaub. Statt in die Ferne zu schweifen, bleiben viele Reisende aus aller Welt nun im eigenen Land. Das zeigt sich auch in Deutschland. Während die Zahl der ausländischen Touristen hierzulande massiv eingebrochen ist, steht die Bundesrepublik als Reiseziel bei den Deutschen selbst nun noch höher im Kurs.
Der Schwarzwald lockt. Zumindest unter deutschen Urlaubern ist die Region im äußersten Südwesten der Bundesrepublik die, die am meisten zusätzliches Interesse in diesem Sommer auf sich gezogen hat. Das jedenfalls hat das Buchungsportal HomeToGo festgestellt. Für sein Ranking der beliebtesten deutschen Urlaubsorte verglich das Portal 35 Millionen Suchanfragen für Ferienwohnungen und -häuser aus diesem und dem vergangenen Jahr. Konkret wurde für die beiden Jahre 2019 und 2020 erfasst, welche Anfragen im ersten Halbjahr für Reisen im Juli und August gestellt wurden.
Ergebnis: Der Schwarzwald hat im Vergleich zum Vorjahr den größten Sprung bei den Suchanfragen gemacht – satte 700 Prozent mehr entsprechende Klicks verzeichnete die Region. Damit hat sich die Urlaubsdestination im Ranking um 289 Plätze auf Rang 51 verbessert. Ebenfalls einen riesigen Satz nach vorn hat Schönau am Königsee gemacht. Die Gemeinde im oberbayerischen Landkreis Berchtesgadener Land hat sich um 199 Plätze auf Rang 83 verbessert. Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen, Tegernsee, Niedersachsen, Müritz, Alpen, Neuharlingersiel und Prerow konnten allesamt jeweils mehr als 70 Plätze gut machen.
Deutsche Reiseziele boomen
Klar ist: In Corona-Zeiten orientieren sich die Menschen auch bei ihren Urlaubsplanungen um. Statt Mallorca oder Adria, Thailand oder Karibik stehen in diesem Jahr heimische Urlaubsziele auf dem Programm. So verzeichnete HomeToGo auf breiter Front ein deutlich gestiegenes Interesse für deutsche Reiseziele. Ganz vorn bei den Suchanfragen steht immer noch die Ostsee, wobei ein Zuwachs der Anfragen von 14,6 Prozent erfasst wurde. Auf Platz zwei hat Deutschland nun Kroatien abgelöst. Gut 98 Prozent mehr entsprechende Suchanfragen wurden gestellt. Die Nordsee kommt schließlich auf Platz vier. Sehr beliebte deutsche Reiseziele sind der Auswertung zufolge aber auch der Bodensee (Rang elf), Sylt (13), Bayern (17), Mecklenburgische Seenplatte (18) und Rügen (29). Alle diese Destinationen konnten ihre Platzierungen verbessern und ihre Suchanfragen steigern – zum Teil auch sehr deutlich.
Allerdings zeigt sich der Trend zum Urlaub im eigenen Land auch jenseits der deutschen Grenzen. Urlauber aus anderen Staaten meiden ebenfalls die Reise ins Ausland. Das führte dazu, dass im Mai dieses Jahres in Deutschland 81 Prozent weniger Touristen als im Vorjahresmonat gezählt wurden. Unter den ausländischen Gästen zählte das Statistische Bundesamt ein Minus von 95 Prozent – es kamen gerade einmal 176.465 Menschen in die Bundesrepublik. Vor allem die Stadtstaaten bekamen den Touristenschwund zu spüren: So verzeichnete Berlin bei den Gästeübernachtungen ein Minus von 90,5 Prozent, in Hamburg waren es minus 86,5 Prozent. Am glimpflichsten kam das Bundesland Schleswig-Holstein davon: Im nördlichsten Bundesland lag das Minus nur bei 54,2 Prozent.
Angst vorm Fliegen
Den Grund für den Rückgang sieht die International Air Transport Association (IATA) in der Angst vieler Reisenden, sich im Flugzeug oder auf dem Flughafen zu infizieren. So zeigten sich in einer Befragung der IATA 83 Prozent der Passagiere besorgt, sich beim Fliegen anzustecken. 65 Prozent der Befragten befürchteten, in der Nähe eines Mitreisenden zu sitzen, der an Corona erkrankt ist, 59 Prozent hatten Angst vor einer Ansteckung in vollen Flughafenbussen oder -bahnen.
Reisewillige warten ab
Das Interesse am Reisen in andere Länder verlieren die Menschen indes nicht, nur wollen sie abwarten bis es wieder sicherer geworden ist. So gaben 14 Prozent der von der IATA befragten Reisewilligen an, zumindest ein Jahr warten zu wollen, bevor sie wieder in ein Flugzeug steigen, 36 Prozent wollen sechs Monate pausieren. Als Trost für die schwachen Besucherzahlen in diesem Jahr können deutsche Urlaubsregionen also darauf hoffen, im kommenden Jahr wieder Gäste aus aller Welt begrüßen zu dürfen.
Und dann kommen vielleicht auch einige der zufriedenen deutschen Urlauber wieder, die ihre Ferien schon in diesem Jahr statt in der Ferne in der Heimat verbracht haben. Denn viele Deutsche sind durchaus angetan von dem Inlandsurlaub. Im Wohnmobil, im Zelt oder im Ferienbungalow haben sie in diesem Jahr Regionen entdeckt, die sie so nahe der Heimat noch gar nicht kannten.
So profitieren vom Trend zum Urlaub in Deutschland neben Nord- und Ostsee sowie Bayern auch Regionen wie der Thüringer Wald, das Sauerland, die Eifel, der Taunus, die Brandenburger Seenplatte oder der Harz, hat der Deutsche Tourismusverband (DTV) ermittelt. „Es gibt einen starken Trend zur Natur“, beschreibt Norbert Kunz, Geschäftsführer des DTV, die Entwicklung gegenüber dem Donaukurier.